1000 Jahre Kronach e.V.
Viertelmeistertag in Kronach
Mächtig etwas los war am Freitagabend beim Kronacher Viertelmeistertag. Die ehrwürdige Cranaha darf sich über einen neuen Brunnenmeister freuen. Ein verdienter Viertelmeister kündigt indes seinen Rücktritt für 2019 an. Die Lucas-Cranach-Stadt hat wieder einen Brunnenmeister: Nachdem Dominic Hanakam das ruhmreiche Amt gewissermaßen probeweise innehatte, wurde er jetzt feierlich inauguriert.
Ein neuer Brunnenmeister für Kronach Hierfür musste er sich zunächst eine kühle Dusche gefallen lassen und einen Eignungstest bestehen. Auch über die Freigabe des Bräuknechts wurde knallhallt verhandelt. Die Auslöse erfolgt in flüssiger Form - und das nicht zu knapp!Stadtvogt Hans Götz hatte die Gewandeten am Melchior-Otto-Platz willkommen geheißen. Seine Augen leuchteten beim Anblick von Oberbürgermeisterin Angela Hofmann als liebreizende Vertretung des in fernen Landen weilenden Stadtoberhaupts. Auf Geheiß des Stadtvogts testete Viertelmeister Jürgen Ditsche die Wasserqualität „seines“ Johannes-Brunnens. Der vom Spielmannszug Nordhalben angeführte Zug der historischen Szene Kronachs führte über die Lucas-Cranach-Straße und Amtsgerichtsstraße zur historischen Markthalle. Zwei Zwischenstopps erfolgten: „Jungfrau“ Jessica oblag dabei die Bekränzung der Kunigunden-Maß, wofür sie von den Bräuknechten auf dem Trageholz des Fasses in die Höhe gehoben wurde. Am Michaels-Brunnen vor dem Rathaus war es an Viertelmeister Jens Schick, das Wasser „seines“ Michaels-Brunnens zu testen.
„Jungfrau“ Jessica oblag die Bekränzung des Kunigunden-Maßes.
Nach dem Salut der Kronacher Ausschüsser durfte Vala Di Völwa - als Frau stark an Willen und Kraft - das erste Fass anstechen. Wenige beherzte Schläge genügten. Sogleich floss das kühle Nass zum ersten gemeinsamen Wohlan in die Krüge der Viertelmeister und des Stadtvogts, die es sofort - lauthals schimpfend - ausspuckten: „Welch wässrige Brühe!“ Da Bräu Thomas Kaiser aufgrund „körperlicher Gebrechen“ fehlte, wurde Tino Vetter mit dem ungeheuren Vorwurf konfrontiert, Brunnenwasser aus der Oberen Stadt zur Verkostung gereicht zu haben. Als sodann ein „echtes“ Fass Schmäuß angestochen und leckere Kronacher XXL-Bratwürste kredenzt wurden, beruhigten sich die Gemüter. Die Croniche Tanzleut erfreuten mit Tanzeinlagen, bevor man in die Markthalle einzog.
Brunnenmeister Dominic Hanakam wurde feucht-fröhlich in sein Amt eingeführt.
Hier bedankte sich die Oberbürgermeisterin bei allen, die das historische Brauchtum in Kronach hochhielten. Viele Städte hätten eine beeindruckende Geschichte. „Aber nur wenige historische Gruppen halten die Geschichte so aktiv lebendig wie ihr“, würdigte sie und verriet, dass es um die Stadtkasse nunmehr etwas besser bestellt sei. Dies nahm der Stadtvogt ebenso erfreut zur Kenntnis wie die Einlösung ihres Versprechens der Spende eines „Amers“ Schmäuß. Der Gerstensaft war auch Bestandteil der harten Verhandlungen der Bräuknechte um die Ablöse des Brunnenmeister-Kandidaten Dominic Hanakam. Der Stadtvogt bewilligte schließlich zwei „Amer“ - also 144 Liter. Vorbehaltlich der Einlösung erteilten die Bräuknechte ihr Einverständnis. Als Eignungstest sollte Hanakam Wasser den jeweiligen Brunnen der Oberen Stadt zuordnen. „Ich schmecke keinen Unterschied. Die Qualität ist beide Male gut“, bescheinigte er. Damit zeigte man sich zufrieden und der feierliche Akt wurde vollzogen. Die eigentliche Inauguration war bereits vor der Markthalle in Form einer ergiebigen Wasserdusche vonstattengegangen.
Viel Neues wussten die Viertelmeister zu vermelden. Jürgen Ditsche bedauerte die Dunkelheit in seinem Viertel, woran sich in den letzten 20 Jahren nichts geändert habe. 2017 habe man ein tolles Stadtspektakel gefeiert, lobte Jens Schick. Nun freue man sich auf ein schönes „Lichterfestla“, Crana Historica und das Schauspiel auf der Festung. Die Straße zur Festung werde zwar bis dahin nicht fertig, zumindest aber heuer endlich angegangen. Gebaut werde auch am Strauer Tor und Rathaus, da es der Oberbürgermeisterin und ihrem Geschäftsleiter bei ihrem Amtsschlaf immer an den Rücken ziehe. Auch Markus Steller wurde das Wort erteilt, obwohl dieser mittlerweile in Coburg seinem Broterwerb nachkommt. Die Gastronomie blühe in seinem Viertel; die Vielfalt lasse jedoch zu wünschen übrig. So gebe es mittlerweile vier Italiener in der Oberen Stadt, davon zwei in seinem Viertel. Bald komme noch ein fünfter dazu. „Italien gehört jetzt zu Kronach“, zeigte er sich sicher. Man sollte überlegen, die italienische Flagge in das Kronacher Stadtwappen zu integrieren. Als letzter Berichterstatter ließ Stefan Wicklein die Bombe platzen. Nach bislang 22 Jahren wird er 2019 sein Amt abgeben. Bewerbungen mit Angaben über Sparvermögen und Leberwerte werden entgegengenommen. „Wenn’s am schönsten ist, sollte man gehen“, dankte er für die schönen Jahre. Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für das schönste Viertel werde sich sicherlich finden. Die Anwesenden spendeten ihm stehend Beifall.
Historisches Erinnerungsfoto
Auch die Bürger meldeten sich zu Wort. Dabei wurde Wicklein gefragt, wie er sich sein „Ableben“ vorstelle. Habe er gar Ambitionen bezüglich eines höheren Postens in der Stadt? Der Viertelmeister entgegnete, der historischen Szene erhalten zu bleiben - beispielsweise als Totengräber. Gisela Lang prangerte an, dass insbesondere in den Sozialen Medien respektlose Äußerungen gegenüber ihr und ihrem Mann in Umlauf gebracht würden. Sie sprach von Anfeindungen, die gerade auch die Auszeichnung von sich und ihrem Ehemann mit der Ehrennadel des Landkreises betreffen. Diese hätten beide - auf Vorschlag von Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein - für ihren mehr als 20-jährigen Einsatz für die historische Szene und als Botschafter Kronachs erhalten. Seit 2001 seien beide für ihren Einsatz rund 75 000 Kilometer gefahren und hätten 47 Events besucht - ehrenamtlich. Der Stadtvogt entgegnete, dass hier einiges vermischt werde. Es sei aber weder Ort noch Zeit, dies aus der Welt zu schaffen. Die Oberbürgermeisterin dankte für das offene Wort und den unermüdlichen Einsatz des Ehepaars, mit dem es Kronach auch im europäischen Ausland so beispielhaft vertrete. Sie bot ein Vermittlungsgespräch mit ihr und/oder Wolfgang Beiergrößlein an. Rosi Ross präsentierte ein derzeit überall in der Oberen Stadt am Straßenrand liegendes Fundstück. Sie könne sich keinen Reim auf das seltsame Gebilde machen, das in etwa einem maskulinen Teil ähnle. Nadine Zwingmann lud zu Crana Historica an Pfingsten ein, während Lucas Cranach (Wolfgang Eckert-Hetzel) auf die derzeit laufende Ausstellung auf der Festung mit 86 seiner Handzeichnungen verwies. Da man sich zufrieden mit den Viertelmeistern zeigte, dürfen diese ihr Amt für ein weiteres Jahr versehen. Nach Ablegen ihres Eides durch die Oberbürgermeisterin erhielten sie ihre Viertel sinnbildlich als Schmuckkette um den Hals. Auch Kastner Richard Chalupa behält seinen Posten. Der Abend klang kulinarisch, tänzerisch und musikalisch mit „Drachenmond“ aus.
Fotos & Text: Heike Schülein, FT