Nachlese zum Kronacher Stadtspektakel 2017
Historisches Stadtspektakel in der Obere Stadt
An drei Tagen konnten zahlreiche Besucher, die zum Stadtspektakel in die Obere Stadt nach Kronach gekommen waren, die Geschichte Kronachs hautnah erleben.
Die gute Vorbereitung des Festes durch das Tourismusbüroteam wurde unterstützt durch eine sonnige Wetterlage, die zudem den Gaumen für ein süffiges Schmäuß öffnete. Das Marktgeschehen verteilte sich gut auf die Lucas-Cranach-Straße und die Amtsgerichtsstraße so dass die Besucher überall interessante Angebote vorfanden. Positiv wirkte sich der Verzicht auf eine große Bühne für den Marktplatz aus. Stattdessen konnte dort den Kindern vom Kistler und seinen Weib unterhaltsames Puppenspiel geboten werden. Geschichtenerzählerinnen gab es auch bei den Wierzweibern. Lisa und Petra gewannen mit ihrer „Quatschenden Biersuppe“ immer wieder die Aufmerksamkeit der Kinder. Wunderbar!
Insgesamt gab es auf dem Markt ein ausgewogenes Angebot für Kinder und Erwachsene. Während die Mädchen mehr dem Schminken zu geneigt waren, war es für die Buben reizvoller mit der Armbrust auf die Housnkuh zu schießen oder sich an den Kerbholzspielen zu beteiligen. Natürlich legte sich mancher auch ein Schwert und ein Schild zu, um sich als stolzer Ritter oder Musketier zu präsentieren. Hier zeigte sich, dass Kinder sich auch mit einfachen Spielen und preiswerten Angeboten begeistern lassen.
Für die Erwachsenen mag vielleicht das Schmäuß der Grund gewesen sein, den Weg in die Obere Stadt zu nehmen. Obwohl, das gab es auch in der Vorstadt und dazu noch mediterranen Flair: Pizza und Lasagne aller Orten. Trotzdem konnten die Fieranten der Oberen Stadt nicht unzufrieden mit dem Besuch sein. Am Sonntag drängten sich die Spektakelbesucher regelrecht durch die Gassen und Straßen. Was in der Amtsgerichtsstraße aber noch fehlt, ist ein ausreichendes Angebot an Speisen, Getränken und der Möglichkeit, diese auch im Sitzen genießen zu können. Die Bäckerei Müller praktiziert die vorzüglich und fand daher zufriedene Abnehmer für ihre Produkte. Mit weiteren guten Genussideen ließe sich der Historische Markt noch interessanter machen. Das Potential wäre in Kronach vorhanden.
Kern des Kronacher Stadtspektakels bleiben aber die historischen Spielszenen. Beginnend am Freitag mit der Bierexamination und der gesungenen Messe am Sonntag mit anschließender Verleihung der goldenen Kette an den Bürgermeister. Die gesungene Messe in der Pfarrkirche St. Johannes d. T. wurde in diesem Jahr wegen des Lutherjubiläums gegen einen Gottesdienst des Dekanatskirchentages auf der Seebühne im Landesgartenschaugelände „eingetauscht“. Stadtvogt und Viertelmeister hielten dies wegen des historischen Bezuges im Jahr des Reformationsjubiläums für angebracht. Immerhin war Lucas Cranach d. Ä. ein wichtiger Weggefährte von Martin Luther. Schade war aber, dass so wenig historische Gruppen diesen ökumenisch gemeinten Beitrag folgten. Nur Familie Zuber ließ es sich, im historischen Gewande, nicht nehmen, dieses Ereignis durch ihre Anwesenheit zu ehren. Dafür herzlichen Dank. Auch die Übergabe der goldenen Bürgermeisterkette konnte die historischen Gruppen in diesem Jahr nicht zu einer Mitwirkung motivieren. Das Schmäuß des Vortages und der etwas ungünstigere Mittagstermin ließen sich vielleicht als Entschuldigung anführen, sind aber bei Weitem nicht ausreichend.
Zwei Veranstaltungen, die im Stadtspektakel neu auftauchten, gaben schon vor dem Fest und auch während der Aufführung einigen Damen und Herren Anlass, Kritik zu üben bzw. Schmähungen auszustoßen. Dem Erfolg der Führung „Martinus Luther in Kronach anno 1530“ konnte dies nichts anhaben. Viel Lob erntete die Initiatorin Christa Franz und die Pottu-Theatergruppe für ihre fiktiven Spielszenen. Und als dann Martin Luther nach seiner Predigt auf dem Melchior-Otto-Platz aus der Stadt vertrieben war, war die Glaubenswelt auch in Kronach wieder zurechtgerückt.
Die Gerichtsverhandlung, die zweite Veranstaltung, verlief solange in ruhigen aber dennoch unterhaltsamen Bahnen, bis in schüssiger Weise zwei Akteure den Gerichtsplatz regelrecht stürmten, um mit unpassenden und teilweise unflädigen Bemerkungen, destruktiven Einfluss auf die Verhandlung zu nehmen. Dies fiel nicht nur dem Stadtvogt auf. Auch viele Zuhörer der Gerichtsverhandlung fanden ein solches Verhalten dreist und unverschämt. Dem historischen Richter, von Dietmar Lang phantastisch verkörpert, ließ dies alles ungerührt. Mit juristischem Scharfsinn zerlegte er die Verteidigungsrede des Angeklagten und beharrte dann, trotz eindeutiger Rechtslage, nicht auf ein entsprechendes Urteil, sondern versuchte einen für beide Parteien akzeptablen Vergleich herbeizuführen. Gewinner dieser Verhandlung waren die Schöffen, die sich am gespendeten Bier beider Seiten erfreuen konnten. Zum ersten Mal in war in aktiver Weise die Barockgruppe um Detlef und Martin Süßmann mit in das Spektakel eingebunden. Mit einer fürstbischöflichen Kaffetafel im Saal des Alten Rathauses und mit Barocktänzen nach historischem Vorbild konnten die adeligen Damen und Herren das ganze Repertoire barocker Etikette vorführen. Eine wirkliche Bereicherung des Stadtspektakels, die sich aber in der Besucherresonanz noch nicht widerspiegelte. Wenn die barocken Beiträge so beibehalten werden, wird man nicht umhin kommen, das Fest zumindest im Untertitel umzubenennen: Kronacher Stadtspektakel - Von der Renaissance zum Barock. Das wir von Anfang an kein Mittelalterfest waren, ist leider immer noch nicht extern angekommen. Auch der aktuelle Slogan „Kronacher Bürgerinnen und Bürger feiern ihre Geschichte“ scheint mir unpassend, denn nicht alles in der Kronacher Geschichte lässt sich „feiern“. Deshalb wäre es nicht verkehrt das alte Motto, leicht ergänzt, wieder aufzunehmen: Bürger/innen (er)leben ihre Geschichte.
Der in das Programm neu aufgenommene „Historische Dreikampf“ besaß von Anfang an einen Spannungsbogen und wurde vom Publikum auch positiv aufgenommen. Leider konnte aufgrund der Stürze von Teilnehmern der Wettkampf nicht zu Ende geführt werden. Zum Glück verliefen diese aber trotz allen Schreckens relativ glimpflich. Eine andere Streckenführung bzw. ein mit weniger Ehrgeiz geführter Wettbewerb wird dem ansonsten attraktiven Dreikampf gut tun.
Mein großer Dank gilt uneingeschränkt meinen Viertelmeistern, die mit neuen Ideen und Beiträgen sowie mit ihrem Eifer, den vielen Termine nachzukommen, eine außerordentlich wichtige Stütze für den Stadtvogt waren. Nur so kann in Zusammenarbeit mit dem hervorragenden Team des Tourismusbüros das Kronacher Stadtspektakel optimal gelingen. Erfreulich ist zudem, dass immer mehr Kronacher/innen im Gewande auf dem Fest erscheinen. Das ist eine sehr schöne und begrüßenswerte Entwicklung, die hoffentlich auch in die Zukunft anhalten wird.
Hans Götz, 29.06.2017