Vom früheren Kreisheimatpfleger Willi Schreiber sind viele heimatkundliche Beiträge über den Frankenwald bekannt. Seine besondere Liebe galt aber den Flößern, deren Brauchtum und Geschichte, denen er sich in besonderer Weise verbunden fühlte. Weniger bekannt sein dürfte seine Abhandlung über „Das Hexenwesen im Frankenwald“, die maschinenschriftlich in einfacher Klebebindung in der Kreisbibliothek archiviert ist.

Willi Schreiber widmet sich hier auf 28 DIN A 4-Seiten der Hexenverfolgung, speziell in der Amtshauptmannschaft Kronach des ehemaligen Hochstifts Bamberg. Dabei bezieht er sich im Wesentlichen auf örtliche Chroniken (Kronach, Küps und Steinwiesen) und Gerichtsakten aus dem Staatsarchiv Bamberg. Sein Betrachtungszeitraum sind die Jahre um 1612 und 1630, also der Zeit der zweiten und dritten Welle der Hexenverfolgungen im Fürstbistum Bamberg.

Diese Niederschrift Schreibers, der ein Entstehungsdatum fehlt, kann nicht als umfassende Dokumentation der Kronacher Hexenverfolgungen betrachtet werden. Die zwischenzeitlich zahlreich erschienenen Werke mit überwiegend wissenschaftlichem Hintergrund bieten zu dieser Thematik reichlichere Fundorte. Was aber die thematische Bearbeitung Willi Schreibers auszeichnet und gleichzeitig betroffen macht, sind die geschilderten Einzelschicksale, die er ausführlich, vermutlich auf der Grundlage der Gerichtsakten, von der Denunziation über die gütliche und peinliche Befragung, den Foltermethoden und letztendlich dem Verbrennungsakt penibel beschreibt. Ihm liegt nicht nur daran, die Fakten rein sachlich oder gar wissenschaftlich streng aufzulisten. Er nimmt sich die Freiheit den geschichtlichen Vorgängen durch seine teilweise individuellen Ergänzungen eine erzählerische Dimension zu geben und dadurch auch eine persönliche Betroffenheit zu erzeugen.

Sybilla Schneid und Lena Pantzer sind zwei Frauen, deren schmerzvolle Lebenswege Schreiber nachzeichnet. Hier werden konkret die Niedertracht der Denunziation und die peinliche Befragung mit den unmenschlichen Methoden zur „ Wahrheitsfindung“ offenbar. Die Beschreibung der qualvollen Peinigungen, die die Frauen über sich ergehen lassen mussten, lassen einen beim Lesen erschaudern. Die übermenschliche Kraft dieser Frauen, erst nach mehrtägiger Tortur, bei Sybilla Schneid waren es 13 Tage, einen Pakt mit dem Teufel zu zugeben, lässt bei den Betroffenen große Glaubensstärke vermuten, aber sicherlich auch ausgeprägte Ängste vor einer ewigen Verdammnis in der Hölle.

Die gnadenlosen Hexenjäger auf lokaler Ebene sind in der Niederschrift u.a. mit Stadtvogt Friedrich Fleischmann, dem Kronacher Stadthenker Linhard Schneider und dem Coburger Scharfrichter Hans Dreißigacker personifiziert. Sie werden als die willfährigen Werkzeuge des Dr. Friedrich Förner beschrieben, der mit der Unterstützung der damaligen Fürstbischöfe Johann Gottfried Aschhausen und Johann Georg Fuchs von Dornheim der Hexenverfolgung den geistigen Nährboden bereitete. Während Friedrich Fleischmann durch sein williges Tun zu zweifelhaftem Reichtum kam, stürzten die grausamen Taten Linhard Schneider in den Wahnsinn, durch den er dann zu Tode kam. Hans Dreißigacker stand im Dienste des Herzogs Johann Casimir von Coburg und galt als berühmter Hexenfinder und Hexenhenker seiner Zeit.

Willi Schreiber erwähnt eine ganze Reihe von Hexenprozessen, die auch von Theresa Fehn in ihrer Facharbeit aus dem Jahre 2009, hier allerdings in strukturierter Form, systematischer erfasst sind. Bei Birke Grieshammer findet man in ihrem Buch „Angeklagt – Gemartert – Verbrannt“ und auf ihrer Internetseite www.hexen-franken.de ebenfalls eine Auflistung der Kronacher Hexenopfer. Für das Hochstift Bamberg ist im Buch von Britta Gehm „Die Hexenverfolgung im Hochstift Bamberg …“ eine noch umfangreichere Opferliste enthalten.

Mit einem Fall beschäftigt sich Schreiber dann wieder intensiver: dem Fall von Barbara Schwarz, einer gebürtigen Friesenerin. Willi Schreiber beschreibt sie als resolute Persönlichkeit, die von einem Nachbarn der Hexerei bezichtigt wurde. Da war sie bereits in Bamberg wohnhaft, als Frau des Hanns Schwarz, dem Gänswirt am Obstmarkt. Sie wurde in Bamberg verhört und kam dann in den Hexenturm nach Zeil, widerstand dort den Folterwerkzeugen und konnte aus dem Hexengefängnis fliehen. Die ihr widerfahrene Ungerechtigkeit ließ sie aber nicht ruhen. Mit einer Bittschrift ging die mutige Friesenerin nach Regensburg, um dort vor Kaiser Ferdinand II. Gerechtigkeit für ihre Person zu erflehen, aber gleichzeitig auch die rechtswidrigen Prozessverfahren im Hochstift Bamberg anzuprangern. Da dies nicht die einzige Klage war, die bis an den Reichshofrat drang, verfügte der Kaiser am 12. Juni 1631 die Einstellung aller Hexenverfahren im Bamberger Fürstbistum.

Willi Schreiber hat sich wohl als einer der Wenigen schon frühzeitig mit der Aufarbeitung der Hexenverfolgungen in Kronach befasst. Seine aus den

Bamberger Gerichtsakten gezogenen Erkenntnisse sind in den Werken zahlreicher Autoren, die sich in der jüngeren Vergangenheit mit wissenschaftlichem Anspruch mit der Hexenthematik befassten, immer wieder zu finden.

Quellen:

Willi Schreiber: Das Hexenwesen im Frankenwald 1612 – 1631, o.O., o.J.
Theresa Fehn: Die Hexenverfolgung im Raum Kronach, 2009 in: Hrsg. Kaspar-Zeuß-Gymnasium Kronach, Schriften zur Landes- und Heimatkunde, Band 19, Kronach, 2009.
Birke Grieshammer: Angeklagt – Gemartert – Verbrannt, Erfurt, 2013 oder in http://www.hexen-franken.de/hinrichtungsorte/katholische-herrschaften/kronach/ Zugriff am 18.03.2014.
Britta Gehm: Die Hexenverfolgung im Hochstift Bamberg und das Eingreifen des Reichshofrates zu ihrer Beendigung, Hildesheim, 2000.