Die schwarze Barbara (Teil 2)
Die drei Flüchtigen wandten sich nach Nürnberg, wo sie Kontakt mit dem Ratsherrn Georg Heinrich Flock und der Familie Hofmann aufnahmen. Flock war Bamberger Ratsherr und nach Nürnberg geflohen, nachdem seine erste Frau Apollonia als Hexe hingerichtet wurde und man auch seine zweite Frau Dorothea, die aus der einflussreichen Nürnberger Familie Hofmann stammte, der Hexerei bezichtigte und im Dezember 1629 verhaftete. Nun versuchte er vom evangelischen Nürnberg aus, seine Frau durch Eingaben und Bittbriefe aus der Haft frei zu bekommen oder zumindest den Prozess zu verzögern.
Den gleichen Weg beschritt nun auch Barbara Schwarz. Ihre Supplikation, verfasst mit Hilfe der Nürnberger Freunde, wurde am 23.07.1630 am Reichhofrat verhandelt, der zwischenzeitlich anlässlich des Kurfürstentages in Regensburg tagte. Dieser Zusammenhang ist insofern interessant, da die Eingabe der Dorethea Flock mit großer Anteilnahme zuvor beim Reichshofrat in Wien verhandelt wurde. Deren ungerechte Behandlung wurde von den kaiserlichen Instanzen anerkannt und ein entsprechendes Mandat zur Freilassung der Inhaftierten ausgestellt, das aber in Bamberg keine Beachtung fand, so dass auch die zweite Frau des Georg Heinrich Flock den Tod fand. Von dieser ignorierenden Verhaltensweise des Fürstbischofen von Bamberg war der Reichshofrat so brüskiert, dass er jetzt die Supplikation der Barbara Schwarz hernahm, um mit aller Entschlossenheit gegen die Hexenverfolgungen in Bamberg vorzugehen. Britta Gehm schließt in ihrem Buch, wo der Fall der Dorothea Flock und Barbara Schwarz ausführlich beschrieben ist, sogar die Verhängung der Reichsacht gegenüber Fürstbischof Johann Georg II. Fuchs von Dornheim aufgrund der Verärgerung nicht aus.
Barbara Schwarz, die noch im Juli 1630 nach Bamberg zurückgekehrt war, musste feststellen, dass ihr Mann zwischenzeitlich mit der Köchin ein Verhältnis begonnen hatte. Die Rückkehr seiner Frau kam diesem daher äußerst ungelegen. Im Hinblick auf die Geschäftsentwicklung seines Gasthofes sah er daher das hexische Vorleben seiner Ehefrau eher als hinderlich an. Er nahm seine Frau nur widerwillig auf. Der familiäre Friede währte nur ein knappes halbes Jahr. Am 4. Februar 1631 betrieb Hans Schwarz beim Oberschultheiß von Rabenstein und dem Hexenkommissariat die Verhaftung seiner Frau. Dies geschah dann tatsächlich am 8. Februar 1631, obwohl das Verfahren des Reichshofrates noch nicht abgeschlossen und der Schutzbrief somit noch gültig war.
Mit allerlei Tricks wusste der Fürstbischof die Übergabe der Prozessprotokolle an den Reichshofrat zu verzögern. Er benötigte auch die Zeit, um die Akten in seinem Sinne „zu schönen“ und die gröbsten Verstöße gegen die Vorschriften der Constitutio Criminalis Carolina zu korrigieren. Britta Gehm hat die Fälschungen anhand der Gerichtsakten von Barbara Schwarz im Detail nachgewiesen. Die Prozessakten und Protokolle trafen dann zwischen dem 06.06. und 12.06.1631 in Abschrift (!), nicht wie angefordert im Original, in Wien ein. Der Reichshofrat wusste die Intention der Bamberger richtig zu interpretieren und verfügte endgültig in seinem Mandat vom 12.06.1631, alle Gefangenen freizulassen. Barbara Schwarz wurde nach ihrer letzten Verhaftung nicht mehr nach Zeil gebracht. Sie verwahrte man nun im 1627 neu erbauten Bamberger Malefizhaus. Ersichtlich ist dies aus Speisekostenabrechnungen aus damaliger Zeit. Darin ist sie auch noch am 30. September 1631 aufgeführt, also drei Monate nach Erlass des Mandats. Britta Gehm vermutet, dass sich Barbara Schwarz angesichts ihrer Unbeugsamkeit unter den letzten 10 Personen befunden haben muss, die 1631 kurz vor Einfall der Schweden in Bamberg aus dem Trudenhaus entlassen wurden.
Danach verliert sich die Spur der „Schwarzen Barbara“. Ob sie in Bamberg geblieben ist, zurück in ihre Heimatstadt Kronach ging oder in Nürnberg Unterschlupf fand, konnte bisher nicht nachvollzogen werden. Barbara Schwarz, mit der es das Schicksal nicht gerade wohl meinte, verdient die Anerkennung ihrer Lebensleistung und die Wiederherstellung ihrer Ehre. Sie hat im Vertrauen auf eine existente Gerechtigkeit mit großer Willensstärke die Torturen der Folterungen, die Demütigungen der Gefangenschaft und die Verleumdungen ihrer Mitmenschen in bewundernswerter Weise ertragen. Ihr Lebenswille konnte weder von den Hexenkommissaren noch von den Folterknechten gebrochen werden. Ihr Glaube an Gerechtigkeit gab dieser Frau die Kraft, sich an den Reichshofrat zu wenden, der einflussreichsten gerichtliche Institution im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, neben dem Reichskammergericht. Einer solchen Frau gebührt Respekt, gebührt Achtung, gebührt Ehre. An sie sollte man vor allem denken, zusammen mit all den anderen in Hexenprozessen zu Unrecht verurteilten Personen, wenn man in Kronach von tapferen Frauen und Männern spricht.
Quellen:
- Britta Gehm, Die Hexenverfolgung im Hochstift Bamberg und das Eingreifen des Reichshofrates zu ihrer Beendigung, Hildesheim u.a., 2000
- Theresa Fehn, Die Hexenverfolgung im Raum Kronach, in: Schriften zur Landes- und Heimatkunde, Bd. 19, Kronach, 2009
- Willi Schreiber: Das Hexenwesen im Frankenwald 1612 – 1631, o.O., o. J.
- Birke Grieshammer (Hrsg), Drutenjagd in Franken, 16. – 18. Jahrhundert, 3. Aufl., o.O., 1999
- Staatsbibliothek Bamberg, RB.Msc.148/173 und RB.Msc.148/174
- http://de.wikipedia.org/wiki/Supplik, abgerufenam 10.06.14
- http://www.hexen-franken.de, abgerufen am 10.06.14
- http://home.arcor.de/klaus-koniarek/hexenwahn/hexen-frames.htm, abgerufen am 10.06.2014
- http://www.oeaw.ac.at/krgoe/images/rhr_sitzung.jpg, abgerufen vom 10.06.2014
Hans Götz, 17.06.14